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Neuerliche Zinserhöhung in Island

Inflation ausser Kontrolle

 

Nach einer drastischen Anhebung des Leitzinssatzes um 0,75% vor nur einem Monat hat die isländische Sedlabanki jetzt um weitere 50 Prozentpunkte ergänzt. Diese Gangart enspricht den kürzlich vorgelegten Empfehlungen der OECD, die dem Land vorerst von weiteren Grossprojekten abrät und bessere Budgetkontrolle vorschlägt.

 

mat. Stockholm, 16.August

 

Die isländische Notenbank hat am Mittwoch den Leitzins ein weiteres Mal um 50 Punkte auf rekordhohe 13,5% erhöht. Es war dies die sechzehnte Zinsanhebung seit Mai 2004, wo der Zinssatz 5,3% betragen hatte. Die aktuelle Zinserhöhung folgte unmittelbar nach der Bekanntgabe neuer Inflationsziffern durch das Statistische Zentralamt, wonach der Konsumentenpreisindex in den letzten 12 Monaten um 8,6 gestiegen ist. Der Beschluss zur Zinserhöhung, der auf einer ausserordentlichen Sitzung gefasst wurde, kam nicht überraschend. Erst am 6.Juli hatte die Sedlabanki den Leitzins um ganze 75 Punkte angehoben, und in einer Inflationsprognose für das Jahresende eine Inflationsrate von 11% befürchtet. Man gab damals bekannt, dass nur substantielle Zinserhöhungen zu einem Einbremsen der Inflation führen könnten, und deutete an, dass möglicherweise ein sehr hoher Leitzins nötig werden könnte. Zugleich berief man für den 16.August die jetzt aktuelle, ausserordentliche Sitzung inklusive Zinsentscheid an, weil man offenbar nicht bis zum nächsten planmässigen Treffen Mitte September zuwarten wollte. Wichtige Inflationsursachen waren ein Investitionsboom auf dem Sektor der Energie- und Aluminiumproduktion, hohe Lohnsteigerungen aufgrund einer exzellenten Situation am Arbeitsmarkt, drastisch gestiegene Immobilienpreise sowie dramatische Kursschwankungen der Krone, die sich wegen der sehr hohen isländischen Importquote rasch auf die Teuerung auswirken. Der Druck auf die Währung wurde im Februar durch die Ratingagentur Fitch ausgelöst, die der isländischen Wirtschaft eine Schräglage bescheinigte und davor warnte, dass das gute Kreditrating des Landes gefährdet sei.

 

OECD empfiehlt mehr Qualität am Bildungssektor

Mit Leitzinserhöhungen folgt Island auch den Empfehlungen der OECD in ihrem jüngsten Länderbericht vom 9.August. Das offizielle isländische Inflationsziel von 2,5% sei weit entfernt, konstatiert die Organisation. Die Monetärpolitik habe auf die Inflationsspirale zu träge reagiert, und auf dem Markt lägen die Kreditzinzen weiterhin zu niedrig. Zwar seien die öffentlichen Finanzen seit einer Budgetkonsolidierung Mitte der 90er Jahre im Gleichgewicht, und das Haushaltsdefizit in Relation zum BNP sei im internationalen Vergleich niedrig. Allerdings ermahnt die OECD auch zu mehr Budgetkontrolle. Die öffentlichen Ausgaben seien seither wieder deutlich gestiegen, und de facto würden nicht selten Budgets überschritten, wobei die mangelnde Koordination und Kooperation zwischen kommunalen und staatlichen Stellen eine der Ursachen sei. Man empfiehlt auch, neue Grossinevestitionsprojekte erst dann in Angriff zu nehmen wenn das wirtschaftliche Gleichgewicht im Lande wieder hergestellt sei. Die Organisation lobt zugleich den Weg, den das Land seit Mitte der 90er Jahre durchlaufen hat, mit breiten Strukturreformen, Privatisierungen und der Liberalisierung des Finanzmarktes. Der isländische Lebensstandard liege unter den Mitgliedsländern im Spitzenfeld. Erforderlich sei im Gefolge der Abwendung von den traditionellen Wirtschaftszweigen wie der Fischerei allerdings auch eine verstärkte Entwicklung der Humanressourcen. In einem eigenen Kapitel empfiehlt die OECD in der Bildungspolitik eine Abwendung von der Quantität hin zu mehr Qualität. Kritisiert wird, dass vor allem Kinder in den dünn besiedelten Regionen oft nur mit mangelhaften Grundkenntnissen die Schule verliessen.