back to >>> PUBLISHED

Wirtschafts-Nobelpreis für Mechanismus-Design-Theorie

Der Wirtschaftsnobelpreis geht 2007 erneut an amerikanische Wissenschafter. Leonid Hurwicz, Eric Maskin und Roger Myerson teilen sich den Preis dafür, die Grundlagen der sogenannten Mechanismus-Design-Theorie gelegt zu haben. Sie verbessert das Verständnis dafür, wie man mit geeigneten Anreizmechanismen Märkte funktionsfähiger machen kann.

Der Nobelpreis für Wirtschaft geht das achte Mal in Folge an amerikanische Wissenschafter. Der russischstämmige 90-jährige Leonid Hurwicz ist emeritierter Professor an der University of Minnesota in Minneapolis. Er legte den Grundstein für die sogenannte Mechanismus-Design-Theorie bereits 1960, als er verschiedene Strategien von Akteuren beim Abschluss von Verträgen erforschte. Die beiden anderen Preisträger, Eric Maskin vom Institute for Advanced Study in Princeton sowie Roger Myerson von der University of Chicago, verfeinerten in den 1970er und 1980er Jahren die Theorie und machten sie besser anwendbar.

Schlecht funktionierende Märkte

Die Theorie habe das Verständnis dafür vertieft, wie man unter Berücksichtigung individueller Triebkräfte und privater Informationen optimale Anreizmechanismen festlegen könne, heisst es in der Begründung des Preiskomitees der Schwedischen Akademie der Wissenschaften.

Die Mechanismus-Design-Theorie analysiert, wie asymmetrisch verteilte Informationen und wirtschaftliche Institutionen zusammenspielen. So kommen gemeinsame Projekte, die im Interesse aller Beteiligten liegen, bisweilen nicht zustande, weil sich die Partner nicht über die Verteilung der Kosten einigen können. Verkäufer und Käufer verhandeln manchmal so hart über einen Preis, dass kein Geschäft zustande kommt. Krankenversicherungen werden von den Kunden nicht in Anspruch genommen, weil sie aus ihrer Sicht zu wenig Schutz bieten, die Anbieter bemängeln umgekehrt, zu viel Schutz lade zum Missbrauch ein. Das gemeinsame Problem hinter diesen Beispielen ist, dass die beteiligten Individuen ihre privaten Informationen nicht preisgeben wollen, weil sie sich davon einen Vorteil versprechen. Dadurch werden Tauschmöglichkeiten nicht wahrgenommen; die Märkte funktionieren nicht optimal.

Kein Generalrezept

Mit der Mechanismus-Design-Theorie lässt sich analysieren, welche Institutionen am besten dazu geeignet sind, die Akteure zur Preisgabe ihrer privaten Informationen zu veranlassen und so wirtschaftliche Verluste zu mildern. Welche Marktformen ergeben die grössten Gewinne des Handels? Welche kollektiven Entscheidungsmechanismen garantieren, dass wünschenswerte Projekte durchgeführt und weniger wichtige nicht finanziert werden? Wie kann eine Krankenversicherung konstruiert werden, die guten Schutz bietet, aber gleichzeitig nicht zum Missbrauch einlädt? Die von den diesjährigen Preisträgern entwickelte Theorie liefert kein Generalrezept für diese Fragen, aber sie erlaubt, diese und ähnliche Fragen zu analysieren und zu beantworten.

Die Arbeiten der Preisträger fussen in der wichtigen Einsicht, dass Informationen – etwa über zur Verfügung stehende Produktionstechnologien, über Produktionskosten oder über Präferenzen – nicht «gleich» über die verschiedenen Akteure in der Wirtschaft verteilt sind.

 

Ungleich verteilte Informationen

 

Im Gegenteil besitzen Handlungsträger – Menschen, aber auch Firmen oder staatliche Verwaltungen – oft Informationen, die nur ihnen zugänglich und bekannt sind und die sie für die eigenen Interessen einsetzen. Damit wird eine Abkehr von Adam Smiths klassischer Metapher der «unsichtbaren Hand» vollzogen, die von einer vollständigen Information aller Akteure auf einem Markt ausgeht. Die Mechanismus-Design-Theorie hat zu einem grösseren Verständnis dafür beigetragen, wie unter Informations-Asymmetrien optimale Anreizmechanismen ausgestaltet werden können. Die Theorie ermöglicht so auch die Unterscheidung von Situationen, in denen Märkte gut oder schlecht funktionieren. Die Schwedische Akademie der Wissenschaften würdigt, die Theorie habe zur Identifizierung von geeigneten Marktformen, Entscheidungsregeln und Abstimmungsprozeduren beigetragen. Sie spiele heute eine zentrale Rolle auf vielen Gebieten der Volkswirtschaft und in Teilen der Staatswissenschaften.

 

Der Preis im Wert von 1,1 Mio. €, den sich die drei Wissenschafter teilen, wird am 10. Dezember in Stockholm überreicht. Er gehört nicht zu den ursprünglichen Nobelpreisen, wird erst seit 1969 verliehen und heisst offiziell «Ehrenpreis der Schwedischen Reichsbank zum Andenken an Alfred Nobel».